Kein Konzert in St. Michael

 

Klosterkirche St. Michael  –  das neue / alte Kreuz

Zwischen dem 1. und 4. März 2016 wurde zentral vor dem Volksaltar das neue Kreuz aufgebaut. Dort stand es über 200 Jahre bis 1819. Es steht jetzt wieder zwischen dem Opfer des Alten und dem des Neuen Bundes auf den Seitenaltären. Unser Kirchenschiff hat eine klare Mittelachse: vom kindlichen Pantokrator unter der Empore bis zum wiederkommenden Weltenherrn an der Spitze des Hochaltars. Die Achse zeichnet den Lebens- und Leidensweg Jesu nach; und der führt über das Kreuz in die Herrlichkeit.

Der Crucifixus des flämisch-italienischen Künstlers Giambologna zentriert den Kirchenraum. Die einzigartige Bronzeskulptur ist nach dem Schönheitsideal der Renaissance gestaltet. Hände und Füße sind ans Kreuz genagelt, doch der Leib wird unverletzt und makellos schön gezeigt. Das ist gläubige Schau einer inneren Wirklichkeit: Im Paradox des real Gemarterten zeigt sich die alles verwandelnde Liebe Gottes. Dieser Leib ist Vorschein der „Auferstehung des Fleisches“. Er bekundet: In jeder Eucharistie versammelt der Auferstandene die Seinen im Mahl. Die Gemeinde feiert die Gegenwart ihres Herrn. Der führt zur Einheit, stärkt den Glauben und schenkt Zukunft über den Tod hinaus.

Zu Füßen des Kreuzes kniet Maria von Magdala. Die Skulptur hat Giambolognas deutscher Meisterschüler Hans Reichle geschaffen. Sie ist Sinnbild der gläubigen, erlösungsbedürftigen Seele. Ihr flehentlich-schmerzerfüllter Blick sucht das Antlitz Jesu. Christlicher Glaube lebt von der innigen Verbundenheit mit Christus. Die Exerzitien des heiligen Ignatius wollen zu nichts anderem führen. Die Architektur von St. Michael, alle Kunst in unserer Kirche ist durchformt von diesem Geist.

Im Zueinander der beiden Bronzefiguren haben wir das Grundgeheimnis christlichen Glaubens in die Mitte gestellt: das Geheimnis der Erlösung jedes Menschen durch Jesus Christus, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Das macht den imposanten Renaissancebau von St. Michael zu einer Kirche, wörtlich, zu „einer, die dem Herrn gehört“.

Ich bitte alle, diese neue, ungewohnte Anordnung offen auf sich wirken zu lassen. Für drei Jahre ist sie als Experiment genehmigt. Danach wird endgültig entschieden. Wir haben drei Jahre Zeit, unsere Erfahrungen mit dem neuen/alten Kreuz zu sammeln.
 
Pater Karl Kern SJ
Kirchenrektor

(Bilder und Text mit freundlicher Genehmigung von St. Michael – aus deren Webauftritt)


Das „neue / alte Kreuz“ ist kirchengeschichtlich an eben dieser Stelle begründet. Jedoch bereitet es uns als Chor ein Platzproblem bei der Aufstellung vor der Apsis. So singen wir unser mittleres Adventskonzert in diesem Jahr erstmals in Herz Jesu in Neuhausen.  
 
Seit 1994 waren wir in der Vorweihnachtszeit ganze neunzehnmal in der Michaelskirche zu Gast. Wir bedanken uns bei Kirchenrektor Pater Kern sehr herzlich dafür, dass er seine Türen alljährlich für unseren Chorgesang geöffnet hat. Ein Dank auch an Dr. Frank Höndgen für sein Vertrauen bei der Überlassung der Orgel wie auch für die persönliche instrumentale Begleitung. Große Anerkennung verdient das professionelle Engagement, mit dem uns der Mesner, Herr Becker, und all die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kirche so zuverlässig unterstützt haben.

Dem Kirchenvorstand gratuliere ich zu der mutigen Entscheidung, sich auf das „Experiment“ (wie sie es selbst nennen) mit dem zentralen Kruzifix einzulassen. Nach den veranschlagten drei Projektjahren wird er eine grundlegende Entscheidung zu treffen haben, vielleicht für die nächsten 200 Jahre …

Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, kann ich dieses Projekt durchaus ans Herz legen. Besuchen Sie St. Michael und lassen Sie sich inspirieren von der Offenbarung Christi im Geiste Giambolognas.

Am besten nutzen Sie dazu die „Atempause“ jeden Montag bis Freitag in der Zeit von 12:30 bis 12:45 Uhr, eine Mittagsmeditation, bei der Sie – eingebettet in zwei Orgelspiele – einen kurzen Wortimpuls auf sich wirken lassen können; und eben das neue / alte Kreuz.
Michael Fischer
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